11 Statistiken über Finanzbildung aus Studien
Aktuelle Studien zeigen erneut, wie schlecht es um Finanzbildung in Europa steht. Nicht nur Deutschland schneidet schlecht ab.
- Martin
- Januar 2021
- 11 Min
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Was bedeutet Inflation? Was ist eine Rendite? Wie funktioniert eine Aktie? Das sind nur einige der grundlegenden Fragen, die finanzielle Bildung beantwortet. Der Mehrheit der Bundesbürger gelingt es nicht, diese richtig zu beantworten.
Was ist Finanzbildung?
Finanzbildung bedeutet nichts anderes, als dass wir uns Finanzwissen aneignen, mit dem wir in die Lage versetzt werden, selbstverantwortliche und unabhängige finanzielle Entscheidungen zu treffen.
Folgende Kategorien spielen eine wesentliche Rolle:
- Umgang mit Budgets und Schulden
- Bankgeschäfte und Anbietervergleich
- Vermögensaufbau
- Versicherungen
- Steuern
- Private Finanzplanung
Inwiefern Schulen stärker in die Verantwortung gezogen werden sollen, um bereits im frühen Entwicklungsstadium finanzielle Kompetenz zu vermitteln, bleibt umstritten.
Die folgenden Zahlen sprechen hingegen dafür.
Statistiken und Trends im Überblick
Nicht nur Deutschland, sondern Europa und die ganze Welt braucht mehr Finanzbildung. Ohne wird es für viele Menschen schwierig werden, Vermögen aufzubauen und Schulden zu vermeiden.
Wie es um finanzielle Bildung auf globaler Ebene steht, haben wir für euch zusammengefasst:
Alterslücke im Bereich Finanzbildung bleibt groß
Junge Menschen (15 – 25 Jahre) sind finanziell gebildeter als ältere Menschen. Das Muster lässt sich unabhängig vom Entwicklungsstand des jeweiligen Landes erkennen.
Auf globale Sicht sind 35 Prozent der jungen Menschen finanziell gebildet, während Menschen ab 65 Jahren nur zu 25 Prozent finanziell gebildet sind.
Wohlhabende Menschen können ihre Finanzsituation besser nachvollziehen
Weltweit sind nur 40 Prozent der 25 Prozent ärmsten Menschen finanziell ausgebildet. Bei den Reichen sieht es ganz anders aus: 60 Prozent der 35 Prozent reichsten verfügen über eine finanzielle Grundlagenausbildung.
In entwickelten Staaten ist der Unterschied noch deutlich größer. 40 Prozent der 45 Prozent ärmsten Menschen sind nicht gebildet. Bei den wohlhabenden sind 60 Prozent der 60 Prozent reichsten finanziell gebildet.
Die Funktionsweise von Inflation und Zinsen wird von den meisten Menschen verstanden
Etwa 50 Prozent der Erwachsenen verstehen beide Konzepte. Im Vergleich dazu verstehen nur 35 Prozent das Prinzip der Risikostreuung (bzw. Diversifikation). Etwas mehr (45 Prozent) der Erwachsenen weltweit wissen, was ein Zinseszins ist.
Die Umfrageergebnisse unterscheiden sich umso drastischer, wenn wir zwischen Industrie- und Schwellenländer unterscheiden. In den großen Volkswirtschaften verstehen etwa 64 Prozent der Bürger das Konzept der Risikostreuung. Bei den Erwachsenen in den Schwellenländern sind es nur 28 Prozent.
Die durchschnittliche Rate für Finanzbildung liegt in Europa bei 52 Prozent
Die nördlichen EU-Länder haben das höchste Verständnis für Finanzen.
Deutschland, Großbritannien, Dänemark, die Niederlande und Schweden verzeichnen eine Finanzbildungs-Quote von mindestens 65 Prozent. Europäische Länder mit einem durchschnittlichen Grad an Finanzwissen unter Erwachsenen sind Griechenland (45 Prozent), Spanien (49 Prozent) und Italien (37 Prozent).
Bulgarien und Zypern weisen eine Finanzkompetenz von jeweils 35 Prozent auf, während Rumäniens Erwachsene mit einer Rate von nur 22 Prozent unterdurchschnittlich abschneiden.
Industriestaaten liegen weit vor Entwicklungsländern
In den meisten entwickelten Staaten – darunter Kanada, Australien und die USA – liegt die durchschnittliche Rate der finanziellen Allgemeinbildung bei 55 Prozent.
Bei den großen Schwellenländern ist die Situation laut Studien umgekehrt. Diese weisen niedrige Raten auf – der Durchschnitt liegt bei nur 28 Prozent. Hier sind Indien und Südafrika mit Wissensraten von 24 Prozent bzw. 42 Prozent besonders hervorzuheben.
Wie steht es um Finanzbildung in Deutschland?
Lass uns einmal einen Blick auf die aktuelle Lage in Deutschland werfen.
90 Prozent der Deutschen sind der Ansicht, finanzielle Bildung sei ein "Must-have"
Eine in 2017 durchgeführte Studie der ING-DiBa zeigt, dass ca. 90 Prozent der Bundesbürger der Ansicht sind, dass Finanzbildung ein Must-have ist. Diese Zahl zeigt, dass nicht das Bewusstsein über die Notwendigkeit das Problem ist, sondern ein Mangel an Wissensvermittlung.
Quelle: ING DiBa Studie zu Finanzbildung (2017)
Frauen und junge Menschen mit Aufholbedarf
Gerade bei Frauen und jungen Menschen verbessert sich der Wissensstand seit Jahren nicht. Besonders Frauen in kritischen Lebensphasen (z.B. alleinerziehend) zeigen sehr schwache Werte.
Eine Studie von J.P. Morgan (2019) zeigt zudem, dass Frauen (34 Prozent) in Geldangelegenheiten weniger selbstbewusst als Männer (46 Prozent) sind. Nur 21 Prozent der Frauen gaben in der Umfrage zu, beim Thema Geldanlage und Finanzen sachkundig zu sein. Bei den Männern waren es immerhin 36 Prozent.
Bei jungen Menschen sind die Ergebnisse besorgniserregend, da die Notwendigkeit für die Rente Vermögen aufzubauen aufgrund des demografischen Wandels immer größer wird. Den meisten Deutschen ist das Risiko, dass Ersparnisse aufgrund der zunehmenden Lebenserwartung im Alter nicht ausreichen, einfach nicht bewusst.
51 Prozent der Deutschen hat keine finanzielle Bildung erhalten
Nur Großbritannien liegt mit 56 Prozent hinter Deutschland. Gemeinsam bilden wir mit den Briten die finanziellen Analphabeten Europas. Diese Werte stammen aus einer ING-DiBa Studie aus 2017. In 2013 lag der deutsche Wert noch bei 53 Prozent.
Die Verbesserung ist folglich nur marginal. Vor allem die junge Generation hat hierzulande wenig Bezug zu Finanzthemen. Auch der Schulabschluss spielt eine entscheidende Rolle. Bürger mit einem Hauptschulabschluss (69 Prozent) und Realschulabschluss (55 Prozent) gaben besonders häufig an, dass sie keine Finanzbildung erhalten haben.
60 Prozent der Deutschen plädieren für mehr Finanzkompetenz an Schulen
Laut einer Umfrage von Weltsparen gehört Bildung zu finanziellen Themen für 60 Prozent der Studienteilnehmer auf den Lehrplan in der Schule.
Bayern (68 Prozent) engagiert sich besonders für Finanzbildung auf dem Lehrplan. Die Menschen im Saarland (42 Prozent) plädieren hingegen überwiegend für mehr Eigenverantwortung.
Spannend ist in diesem Kontext, dass die Einstellung „pro Eigenverantwortung“ mit steigendem Haushaltseinkommen steigt. Jeder zweite mit einem Haushaltseinkommen von über 10.000 Euro pro Monat sieht Finanzbildung als Privatangelegenheit.
Nur 15 Prozent der Bundesbürger mit einem Haushaltseinkommen zwischen 1.000 Euro und 1.500 Euro teilen diese Meinung.
80 Prozent der Deutschen sehen Schulen in der Pflicht zur Wissensvermittlung
Gefragt, wo Finanzwissen vermittelt werden soll, gaben 80 Prozent der Deutschen an, die Schulen in der Pflicht bei der Vermittlung von Finanzkompetenz zu sehen. In Europa liegt der Durchschnitt bei 71 Prozent.
Die Wirklichkeit hingegen sieht düster aus: Nur für 15 Prozent der Deutschen war bzw. ist Finanzbildung fester Bestandteil des Stundenplans.
Skandinavien hat höchsten "Finanzbildungsstand" in Europa
Norwegen und Schweden sind die europäischen Spitzenreiter. Über 71 Prozent der Menschen dort sind finanziell gebildet. Das geht zumindest aus der S&P’s Global Financial Literacy Survey hervor.
Woran liegt das? Schweden setzt bereits bei Kleinkindern mit der finanziellen Bildungsarbeit an. Mittlerweile erstreckt sich das gesamte Bildungsprogramm auf alle Bevölkerungs- und Berufsgruppen. Eine solche Zielgruppenfokussierung gibt es in Deutschland noch nicht.
Infografik (Update: 2021)
FAQ - Häufig gestellte Fragen
Finanzielle Bildung ist die Fähigkeit, smarte finanzielle Entscheidungen treffen zu können. Wer diese Skills hat, kann gut mit seinen Vermögenswerten umgehen, kennt seine Budgets, vermeidet schlechte Schulden und investiert sein Geld. All diese Faktoren führen zu einer gesunden Finanzsituation – dem Ziel von Finanzbildung.
Budgetieren, Sparen und Investieren. Das Konzept hört hier jedoch nicht auf. Das Konsum- und Kreditverhalten spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.
Jede dieser Komponenten der finanziellen Allgemeinbildung deckt einen separaten Bereich des Umgangs mit deinem Vermögen ab und steigert deine Chance auf finanziellen Erfolg.
Etwa ein Drittel der Erwachsenen weltweit ist finanziell gebildet. Das bedeutet, dass ca. 3,5 Milliarden Menschen ihre Finanzen im Griff haben könnten.
Die meisten dieser Menschen leben in entwickelten Ländern wie den USA, Großbritannien und Deutschland. In den USA liegt der Prozentsatz der finanziellen Bildung bei nur 57 % der erwachsenen Bevölkerung des Landes.
Ich bin Finanzcoach bei Beyond Saving und helfe Menschen dabei, zu finanziellen Selbstentscheidern zu werden. Vor meiner Zeit bei Beyond Saving war ich über 15 Jahre im Private Banking einer Berliner Privatbank unterwegs und habe Privatkunden bei sämtlichen Finanzthemen unterstützt.