Notgroschen: Wie hoch soll er sein? (inkl. Beispiele)
Dein Notgroschen ist das Rückgrat deiner privaten Finanzplanung. Wenn du plötzlich mit unerwarteten Ereignissen konfrontiert wirst – bist du vorbereitet.
- Martin
- September 2020
- 11 Min
Dein Budget einzuhalten wird besonders dann zur Herausforderung, wenn plötzlich spontane Kosten auftreten.
Um finanzielle Fehlentscheidungen zu vermeiden, empfehlen wir dir zur Absicherung den Aufbau eines Notgroschens (auch Notfallrücklage genannt).
Was ist ein Notgroschen?
Ein Notgroschen ist ein größerer Geldbetrag, den du auf einem Sparbuch, Tages- oder Festgeldkonto parkst, um teure, unerwartete Ausgaben zu decken.
Das könnten sein:
- unvorhersehbare medizinische Kosten
- wesentliche Autoreparatur
- plötzliche Arbeitslosigkeit
- Reparaturen im Haus/Wohnung
- unerwartete Reisekosten
Lass uns jetzt mal einen Blick auf die Vorteile einer Rücklage für Notfälle werfen.
Vorteile auf einem Blick
Eine Notfallrücklage schafft ein finanzielles Polster für turbulente Phasen, ohne dass du deine Kreditkartenschulden in die Höhe treiben musst.
Der häufigste Grund für die steigenden Verschuldungsquoten in Deutschland beruht laut SchuldnerAtlas allein auf dem Mangel an finanziellen Reserven.
Neben der finanziellen Stabilität gibt es noch drei weitere Vorteile, die du kennen solltest:
Du hast weniger Stress
Ohne Rücklagen gehst du ein hohes Risiko ein. Es könnte jederzeit etwas vorfallen, ohne dass du finanziell darauf vorbereitet bist. Das ist stressig.
Mit einem Notgroschen kannst du selbstbewusst in die Zukunft blicken und entspannen.
Du nutzt das Geld nicht für Impulskäufe
Aus den Augen, aus dem Sinn.
Im Idealfall sparst du deine Rücklage auf einem neuen Konto an, auf das du keinen direkten Zugriff hast. Damit verhinderst du, dass du das Geld für spontane Einkäufe wie ein neues 4K-Smart-TV ausgibst.
Dadurch, dass das Geld auf einem anderen Bankkonto liegt, weißt du immer, wie hoch deine Rücklage ist und wie viel du noch sparen musst.
Du vermeidest schlechte finanzielle Entscheidungen
Es gibt andere Wege, wie du an kurzfristige Liquidität kommst – auch ohne Notfallrücklage.
Du könntest dir zum Beispiel einen Kredit aufnehmen. Aber zu welchen Kosten? Diese sind im Normalfall sehr hoch – besonders dann, wenn du eine schlechte Verhandlungsgrundlage hast.
Umschiffe diese unklugen finanziellen Entscheidungen, indem du dich mit deinem Notgroschen auf potenzielle Engpässe vorbereitest.
Wie hoch sollten meine Rücklagen sein?
Die kurze Antwort: ungefähr die Hälfte deiner jährlichen Lebenshaltungskosten.
Die lange Antwort: die richtige Höhe hängt von den individuellen Umständen ab. Eine gute Daumenregel ist jedoch, so viel aufzubauen, dass du deine monatlichen Lebenshaltungskosten für sechs Monate decken kannst.
Solltest du beispielsweise deinen Job verlieren, musst du dich nicht in die nächstbeste Alternative stürzen. Deine Rücklagen funktionieren zudem als Ergänzung zum Arbeitslosengeld, falls du einen Anspruch hast.
Ob viel oder wenig – fang in jedem Fall einfach an zu sparen.
Notgroschen anlegen: Aber wie?
Für deinen Notgroschen solltest du auf Anlageformen setzen, die:
- sicher vor Marktrisiken sind: Stelle sicher, dass dein Geld dir zur Verfügung steht, wenn du es brauchst – besonders in turbulenten Zeiten an den Finanzmärkten.
- sehr liquide sind: Wähle Anlageformen, die es dir ermöglichen, schnell auf dein Geld zuzugreifen, um im Notfall unmittelbar reagieren zu können.
- „relativ“ hohe Zinsen zahlen: Sparkonten zahlen aktuell kaum Zinsen, aber es gibt immer wieder Angebote bei Banken, die dir mehr als 0-Prozent Zinsen einbringen. Über Plattformen wie Weltsparen und Zinspilot kannst du zudem nach hochverzinsten Sparkonten im europäischen Ausland Ausschau halten.
Sicherheit und Flexibilität sind die wichtigsten Faktoren. Wir nutzen privat ein Tagesgeldkonto für unseren Notgroschen. Das ist im Normallfall kostenlos und erzielt bessere Zinsen als reine Sparbücher.
Außerdem sind die Ersparnisse per Einlagensicherung bis zu 100.000 Euro im Insolvenzfall geschützt.
Warum solltest du deine Rücklage nicht an der Börse investieren?
Stell dir vor, dass du auf Basis deiner Lebenshaltungskosten eine Rücklage von 10.000 Euro aufbauen solltest.
Um das Geld möglichst effizient anzulegen, hast du dich für einen ETF auf den MSCI-World entschieden. Deine Geldanlage erreicht die 10.000 Euro auch deutlich früher als geplant. Das klingt erst mal ganz gut.
Was passiert jedoch, wenn die Börsen einkrachen und sich dein Portfoliowert von heute auf morgen um 30 Prozent reduziert? Dann hast du plötzlich nur noch 7.000 Euro. Falls morgen dein Auto kaputtgeht oder du deinen Job verlierst, musst du deine ETF-Anteile mit hohen Verlusten verkaufen und zusätzlich noch die Differenz zwischenfinanzieren.
Aus dem Grund: Geld, das für die Altersvorsorge bestimmt ist, solltest du breit gestreut in ETFs investieren. Liquidität, die du für Notfälle brauchst, gehört in risikoarme Anlageklassen – also Spareinlagen oder Bundesanleihen.
Wie baue ich meine Notfallrücklage auf?
Wichtig ist, dass du den Sparprozess automatisierst. Ansonsten passiert es immer wieder, dass du in die Versuchung kommst, das Geld einfach auszugeben.
Arbeite im Optimalfall mit einem Mehrkontenmodell. Auf dem Hauptkonto liegt Geld, welches du für deinen Lebensunterhalt brauchst und auf dem anderen Konto (am besten bei einer anderen Bank) parkst du deine Ersparnisse – und so weiter.
Mehr dazu erfährst du in unserem Leitfaden zum private Finanzen verwalten.
Folge jetzt einfach den folgenden Schritten:
Berechne, wie viel du sparen muss
Verschaffe dir einen Überblick über deine relevanten Lebenshaltungskosten für ein halbes Jahr. Jetzt hast du das Ziel, auf das du hinarbeiten kannst.
Setze deine monatliche Sparquote fest
Baue auf eine solide Finanzplanung. Du kennst deine Einnahmen und Ausgaben – folglich auch deinen monatlichen Überschuss. Jetzt musst du nur noch bestimmen, wie viel davon auf deinem Notfallkonto landet.
Behalte das Wechselgeld
Wer den Cent nicht ehrt, ist den Euro nicht wert. Pack dein Kleingeld zu Hause in eine Spardose und lass dir einmal im Jahr das Geld bei der Bank umtauschen. Du wirst dich wundern, wie sehr wir Kleingeld im Alltag unterschätzen.
Spare deine Steuerrückerstattung
Hast du eine stattliche Rückerstattung vom Finanzamt erhalten? Prima, pack das Geld doch direkt auf dein Sparkonto, anstatt es unmittelbar auszugeben. Auch das Weihnachtsgeld oder Bonus-Zahlungen eigenen sich gut als Sonderleistungen zur Notfallrücklage.
Ziehe alle paar Monate Bilanz
Schau alle Monate mal in dein Sparkonto und prüfe, ob du im Plan bist. Wer weiß, vielleicht kannst du deine Sparquote sogar ohne Einschränkungen erhöhen.
Erhöhe deine Einnahmen
Frag deinen Vorgesetzten einfach mal nach der längst fälligen Gehaltserhöhung. Außerdem kannst du Dinge, die du nicht mehr brauchst, loswerden und auf Flohmärkten oder Online-Plattformen (eBay, Kleiderkreisel etc.) verkaufen.
Wichtiger Tipp: Zieh beim Sparen in jedem Fall eine Grenze zwischen Notfall und sonstigen Sparzielen.
Hast du deinen gewünschten Notgroschen aufgebaut, kannst du deine Sparquote einfach auf andere Sparziele verteilen. Ob Weltreise, neuer Laptop oder sogar ein neues Auto – spare fleißig weiter.
Viele Banken wie beispielsweise N26 bieten hierfür Unterkonten an, ohne dass du ein neues Konto eröffnen musst. Das vereinfacht das Budgetieren.
Fazit
Jeder sollte sich auf das Unerwartete vorbereiten.
Das macht den Unterschied aus zwischen einer kurzfristigen finanziellen Dürrephase und einer teuren Verschuldung.
Schnapp dir unsere Excel Haushaltsbuch Vorlage und verschaffe dir einen Überblick über deine Finanzen. Im nächsten Schritt bestimmst du deine monatlichen Lebenshaltungskosten und fängst an, deinen Notgroschen aufzubauen.
Es ist absolut nicht schwer – es ist nur wichtig, dass du anfängst.
Ich bin Finanzcoach bei Beyond Saving und helfe Menschen dabei, zu finanziellen Selbstentscheidern zu werden. Vor meiner Zeit bei Beyond Saving war ich über 15 Jahre im Private Banking einer Berliner Privatbank unterwegs und habe Privatkunden bei sämtlichen Finanzthemen unterstützt.